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Lifestyle

So fucking serious

von

Ich blättere in der britischen Harper’s Bazaar. Eine wundervolle Zeitschrift, die ich von meinen geliebten internationalen Magazinen wirklich empfehlen kann. Deutsche Magazine lese ich selten, greife immer wieder zu den gleichen Titeln, lass es fünf an der Zahl sein. Eines haben meine Lektüren aber gemeinsam: viel zu dünne Models die nicht lächeln. Dass die Mädchen in den Heften knapp untergewichtig sind, ist nichts Neues und fällt mal mehr und mal weniger auf. Aber eines sticht mir seit Monaten ins Auge: die hängenden Mundwinkel der Models. Ein cooler Blick, ein wehmütiger Blick, ein sexy Blick und der passende ausdruckslose Mund passend dazu. Mal ist er lasziv leicht geöffnet, ganz so, als ob im nächsten Moment ein Strohhalm erwartet werden würde. Oder der Mund ist streng geschlossen und bildet mit dem Horizont eine interessante Parallele.

Die Models haben das Lachen verloren. Oder sagen wir: die Fashion- & Beauty-Editor dieser Erde haben es. Ob eingekaufte Bilder oder hochwertig produzierte Strecken – die Frauen in den Magazinen haben keine Freude in ihren Gesichtern. Sie stieren mich an aus dem Heft heraus an, sehen traurig aus oder schauen belanglos in die Ferne. Es ist gerade so, als ob sie durch mich hindurch schauen, so als ob ihr Blick irgendwo am anderen Ende der Welt endet. Dazu tragen sie aber nicht nur gerade Schnitte, was man konzeptionell vielleicht noch vermuten könnte, von bunten Bikinis über gewagte Haut Couture ist alles dabei.
Coole Gesichter, die wie Momentaufnahmen wirken sollen – zufällig eingefangen, ein Foto erhascht. Bei mir kommt dieses Gefühl aber nicht an. Ich blättere weitere Magazine durch und sehe die hübschesten Mädchen dieser Erde mit regungslosen Gesichtern. Ob sie gerne lächeln würden? ‚Look cool. Look editorial.‘ Höre ich da den Art Director am Set? Hat der Gedanke ans Editorial jede Fröhlichkeit, jede Echtheit, jede Spontanität ausgelöscht? In einem deutschen Magazin entdecke ich wunderschöne Beach-Strecke: ein Surfer-Girl in sexy Bikinis, der Make-up-Artist hat ihr einen echten Glow ins Gesicht gezaubert. Eigentlich müsste sie nun fröhlich über den Strand hüpfen – sie hat ein Surfboard unter dem Arm, die Wellen werden ans Ufer gespült und auch sonst zeigen die Bilder einen Hochsommertag am Meer, wie er im Buche steht. Alleine die Lichtstimmung reißt das Gemüt auf, ich bekomme Lust auf Urlaub, Neopren-Badeanzüge und Sand zwischen den Zehen. Warum lacht dieses Model dann zum Teufel nicht? Warum will uns ein Magazin ein ernstes Model am Strand verkaufen? Ich frage mich erneut, was hier initiiert wird…
Big Smile / Foxycheeks
Das ganze No-Smile-Disaster findet den Höhepunkt aber auf den Magazin-Covern. Mittlerweile ist es ein Sport für mich geworden, Sonntagnachmittag bei Presse & Buch am Bahnhof optimistische Magazin-Titel zu finden. Es muss ja nicht immer ein vollmundiges Lachen sein, aber ein paar Mundwinkel, die nach oben zeigen, ein mildes Lächeln oder ein warmer Gesichtsausdruck würden schon gut tun. Stattdessen wiederholt sich leider hier, was man am Ende auch im Innenteil findet und so viel Coolness, wie ich dort seit Wochen, gar Monaten, finde, kann ich beim Besten willen nicht mehr ertragen. Ist Mode nur mit diesem Look transportierbar? Macht Fröhlichkeit eine Kollektion kaputt? Gerade tragbare Mode wirkt auf mich witzlos, wenn sie so seelenlos transportiert wird. Da nützt mir auch das atemberaubendes Make-up nichts. Hier ist The Power of Make-up machtlos…
Neulich, ich gab die Hoffnung schon auf, habe ich in einer Grazia, ich erinnere beim besten Willen nicht ob UK oder DE, ein Foto von einem Model entdeckt, dass tatsächlich lächelte. Das Model kippte ihren Kopf zur Seite, die Haare wurden von dem weichen Sonnenlicht angeleuchtet und der Fotograf erwischte wohl einen echten Moment während des Shoots, der es ins Heft geschafft hat. Das Model lachte! In einer Zeit, wo noch nie so viel über Feminismus und Girl Power gesprochen wurde wie heute, wünsche ich mir mehr von diesen Bildern. Versteht mich nicht falsch, das Leben ist kein Zuckerschlecken und man hat nicht immer was zu lachen. Aber ich habe wirklich Lust auf den Köpfen der Mannequins endlich ein Strahlen zu sehen, was sich auch in den Augen widerspiegelt. Da können sich diverse Modeblogger übrigens bitte gleich mit anschließen, denn viele meiner Kolleginnen haben versteinerte Gesichter, obwohl sie, wenn ich sie sehe, ein so nettes Lächeln parat haben.
Ich halte diese Coolness nicht mehr aus. Ist der ausdruckslose Blick, der nichtssagende Mund und eine faltenlose Mimik zum neuen Standard geworden? Ich freue mich auf jeden Fall, wenn Art Direktoren nicht nur einen Look verstehen und Chefredakteure das Heft als Mischung beherrschen. Frauen sind meiner Meinung nach noch schöner wenn sie lachen. Ein kleines Lächeln kann hier schon ein Anfang sein…
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2 Kommentare

  1. So ein super Artikel. Du hast so recht. Sehr wohl formuliert ;)
    Ich habe mich das auch schon oft gefragt, warum die Models nicht mal lächeln (dürfen).
    Und das in einer Zeit, in der wir Optimismus nur allzu gut gebrauchen können, auch wenn es nur das Lächeln eines Models in einer Zeitschrift ist.
    Liebe Grüße
    Arnika

  2. Toller Artikel. Du hast so recht. Wirklich aufgefallen ist es mir noch nicht. Aber jetzt wo ich darüber nachdenke, kann ich die Intention dahinter nicht verstehen. Ich kaufe doch lieber etwas, das mich anstrahlt, ein positives Gefühl weg, also Kleidung, die mit „traurigen“ erst schauenden Models angepriesen wird!

    Liebe Grüße
    Hella von http://www.advance-your-style.de

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